Kerze im Andachtsraum

Liebe Eserfreunde,

…das Licht scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbricht und
der Morgenstern aufgeht in euren Herzen 2. Petrus1, 19

In dunklen Zeiten leuchtet das Licht umso heller. In dunklen Zeiten, persönlich oder gesellschaftlich, liegt die Chance zur Veränderung. Dunkel war es in den Jüngern Jesu, sie waren beschränkt im Erfassen der eigentlichen Realität: Ostermorgen: Jesus lebt!

Wie schnell kann auch mein Herz ein dunkler Ort werden, wenn die Sorgen und Fragen, die das Leben mir stellt, zu einem inneren Gefängnis werden, aus dem kaum Entrinnen möglich ist! Dann deute ich alles vom Erleben her und nicht von der Auferstehungskraft Jesu, der die Ketten der Finsternis und des Todes gesprengt hat. Das Bild auf dem Deckblatt berührt mich: Ein Mensch im Dunkel öffnet die Tür und Licht kann eindringen. Der Vers aus dem 2. Petrusbrief zeigt so eine tiefe Wahrheit über alle dunklen Orte dieser Welt um uns und in uns: Wir brauchen Licht, damit es Tag werden kann. Wir brauchen die Osterbotschaft, damit wir mit auferstehen und in unseren Herzen der Morgenstern aufgeht. Wir Mitarbeiter brauchen diesen Morgenstern in unseren Herzen, damit wir Licht in unsere Eserarbeit, in unsere Familien, Gemeinden und in die Gesellschaft tragen können.

In den letzten Monaten gab es immer wieder mal „Dunkel im Eser“. Angst, Zorn, Schmerz, Aggression und Verzweiflung bei einzelnen Gästen waren wie eine Infektion für alle. Dunkelheit rollt dann wie eine Lawine durch unser Haus, und wir brauchen ganz viel Licht in uns, damit es wieder hell im Haus wird und hell in den Herzen. Manchmal ist das ein Kampf. Weh tut es auch, wenn einzelne dann „Opfer“ dieses Kampfes werden und wir uns trennen müssen. Das ist für uns alle immer wieder sehr schmerzlich und trotzdem leider manchmal die einzige Möglichkeit. In diesen Zeiten sind wir sehr froh über alle, die für uns beten und so Licht in unser Haus tragen.

Nun habe ich aber auch die Freude, Euch ganz viel erstaunlich Gutes zu erzählen. Im September 2007 habe ich über Freunde die Ärztin Dr. Hiltrud Meyer kennen gelernt, die sich unsere Eserarbeit etwas genauer ansehen wollte. Sie arbeitete als Oberärztin in der De´Ignis Klinik und wollte sich verändern. Wir hatten kaum zu hoffen gewagt, dass sich hier eine Tür auftut. Hiltrud Meyer hat sich an vielen Stellen umgesehen, attraktive Angebote bekommen, aber auch ein bisschen ihr Herz an den Eser verloren. In dieser Zeit hatten wir viele junge Frauen, die sich schwer taten, ihre Geschichte mit einem männlichen Bezugstherapeuten zu bearbeiten, so dass ich immer wieder wesentlich mehr Arbeit hatte, als ich bei allem Administrativem bewältigen kann. In dieser Zeit erhöhte der Bezirk unseren Tagessatz. Genau so viel, dass wir sie mit einer halben Stelle einstellen konnten, wenn wir weiterhin viel ehrenamtlich arbeiten. Wir machten ihr dann ein konkretes Angebot – und nach langem Überlegen erhielten wir kurz vor Weihnachten ihre Zusage.

Und nun ist sie hier gelandet und bereichert unser Team im Eser 21 und 17 als verantwortliche medizinische Psychotherapeutin und Leiterin der ambulanten Eserarbeit. Dies war schon lange mein intensiver Wunsch, noch eine weibliche, kompetente Therapeutin zu gewinnen, die sich von Herzen und mit Sachverstand (sie ist Psychiaterin/Psychotherapeutin) für die ambulante Kontaktpunktarbeit einsetzt. Sie ist für uns im Eser auch wieder, wie so oft schon, ein Gottesgeschenk. Wir wünschen ihr, dass sie sich gut einleben kann und dass sie auch in Augsburg und darüber hinaus mithelfen kann, dass der „Morgenstern aufstrahlt“.

An unseren Teamtagen haben wir für uns ein gutes Organigramm erstellt. Ein Kreis in dessen Mitte das Kreuz steht – darum herum unsere Esergäste und wir Mitarbeiter als Halt am Kreis-Außenrand. Jeder im Team schenkt verantwortlich seine Kompetenz, Kraft und Gaben, dass die Therapie gelingen kann. Aber alle gemeinsam sind wir im Innersten gehalten von Gott. Im Februar fand in Augsburg ein Seminar über Bindungsforschung statt. Mich bewegt immer noch sehr, wie groß die Sorge der Bindungsforscher über den Zustand unserer beziehungsgestörten Gesellschaft ist. Eltern, die selbst desorganisierte Bindungsmuster haben, geben diese an ihre Kinder weiter. Die Unfähigkeit zu verantwortlichen und stabilen Beziehungen zieht einen Rattenschwanz an Störungen nach sich, der kaum aufzufangen ist. In der Tageszeitung stand, dass dringend Sozialpaten für Kinder, Ausländer und Arme gesucht werden. Mich hat dieser Aufruf persönlich berührt. Licht ins Dunkel zu bringen ist unsere tiefste Berufung. Uns dabei gegenseitig zu helfen, Menschen für diese Aufgaben zu schulen, ist auch Aufgabe unserer Eserarbeit.

Nun bleibt mir noch, Euch allen ganz herzlich zu danken für Eure treue Unterstützung, Eure Gebete und Eure Liebe zu uns und zur Eserarbeit. Wir wünschen Euch Licht im Dunkel, offene Türen und Herzen und viele gute Gelegenheiten mitzuhelfen, dass es heller wird.

Ein gesegnetes, frohes Osterfest wünschen Euch im Namen aller Mitarbeiter
Friedegard und Gerd Warkentin