Inhaltliche Durchführung des Aufenthalts

Entsprechend dem beschriebenen Personenkreis und der dadurch bedingten konzeptionellen Ausrichtung unseres Hauses beträgt die Aufenthaltsdauer in der Regel 18 bis 24 Monate, in Ausnahmefällen auch darüber hinaus. Ziel des Aufenthalts ist es, die Bewohner durch das Zusammenleben in der Gemeinschaft und im Rahmen des therapeutischen Settings psychisch und körperlich zu stabilisieren und Wachstumsprozesse zu begleiten. Auf diesem Weg soll ein höheres Maß an Selbständigkeit vor allem im sozialen, aber auch im beruflichen Bereich erreicht werden. Gesunde Abgrenzung gegenüber Vereinnahmungen von außen und die Fähigkeit, sich zu artikulieren und in der Gruppe einzubringen, sind wichtige Lernschritte zur gesunden Gemeinschaft mit anderen Menschen. Dabei spielen der Abbau von Ängsten, Schuldgefühlen, Selbstzerstörungstendenzen und das Aufgeben ideologisierter Fehlhaltungen eine wichtige Rolle. Neue Sinn- und Wertfindung soll neben einem realitätsgerechten Erleben und Handeln ermöglicht werden. Außerdem kommt dem Erlernen von sozialen und lebenspraktischen Fähigkeiten eine wichtige Bedeutung zu. Dazu gehört auch, mit den Rechten und Pflichten innerhalb einer betreuten Lebensgemeinschaft umgehen zu lernen.

Lernziel für jeden Gast ist darüber hinaus, seinen Wohnbereich in Ordnung zu halten, sich selbst zu versorgen, zwischenmenschliche Kontakte zu knüpfen, seine Freizeit selbständig und sinnvoll zu gestalten und, soweit möglich, einer geregelten Beschäftigung nachzugehen. Der Aufenthalt gliedert sich in eine Eingewöhnungsphase von etwa 4 Wochen, eine intensive psycho- und sozialtherapeutischen Phase, welche je nach individueller Problemlage bis zu zwei Jahre gehen kann, und eine etwa 6-12 monatigen Nachbetreuungsphase in einer separaten WG im Eser 17.

Ziel ist, soweit krankheitsbedingt möglich, die vollständige Wiedereingliederung ins soziale Leben. Wir legen großen Wert darauf, die Hausbewohner in ihrer jeweiligen schulischen und beruflichen Situation zu fördern und zu unterstützen bzw. bei Arbeitslosigkeit zu motivieren und zu ermutigen, wieder den Einstieg zu  wagen.

Unter systemisch-familientherapeutischen Gesichtspunkten kommt der Beteiligung von Angehörigen eine wichtige Bedeutung beim Entwicklungsprozess der Bewohner zu. Soweit möglich, werden hierzu Familiengespräche geführt. Ablösungskonflikte sollen dadurch bearbeitet und Familiensysteme neu bewertet werden.

Der Zugang zu schwerwiegenden Problemen gelingt über die nonverbale Ebene oft wesentlich leichter. Daher bieten wir wöchentlich die Möglichkeit einer Musik- oder Maltherapie, bzw. die Möglichkeit, kreativ zu gestalten. Die dabei gemachten Erfahrungen werden in Gruppen- und Einzelgesprächen weiter bearbeitet.

Die Lebensorientierung (einmal wöchentlich) auf der Grundlage des biblischen Menschenbildes dient als Hilfe zur Neufindung und Orientierung von Sinn und Wert des eigenen Lebens. Im Sinne von Viktor Frankl („Sinnlehre statt Sinnleere“) werden auch ethische und geistliche Fragen in Gruppengesprächen konfessionsunabhängig erörtert. Die Toleranz aller Hausbewohner und Mitarbeiter gegenüber Andersdenkenden und –glaubenden wird unbedingt erwartet. In einem Gruppenraum des Hauses besteht die Möglichkeit zur freiwilligen Teilnahme an den täglichen Hausandachten oder Zeiten der Stille. Dieser Raum dient auch als Ort für die persönliche Stille.
In der gemeinsamen Freizeitgestaltung haben sportliche und kulturelle Aktivitäten nach Möglichkeit ihren festen Platz. Um selbständig eigene Kontakte im sozialen Umfeld aufzubauen, steht den Hausbewohnern genügend Freizeit zur Verfügung, die sie für sich selbst gestalten können und sollen.

Inwieweit die einzelnen Ziele bzw. Teilziele erreicht werden können, hängt einerseits vom Krankheitsverlauf, den Persönlichkeitsstrukturen sowie den Fähigkeiten und gesunden Anteilen des Bewohners ab, zum anderen sind sie abhängig von seiner Motivation und aktiven Mitarbeit am angebotenen sozialtherapeutischen Programm. Vor diesem Hintergrund ist es unser Anliegen, die Aufenthaltsdauer und die Therapieplanung individuell auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten jedes Einzelnen abzustimmen.